Berichte

 

Biketreff 1999

Mountain-Bike, ein Sport für jeden?

 

17.11.1999 · Als 1974 die ersten Freaks um Gary Fisher und Tom Ritchey begannen auf alten klassischen amerikanischen Cruisern die Berge in der Nähe von San Francisco hinabzufahren, ahnte wohl noch keiner, was für einen Boom die Erfindung des Mountainbikes nach sich ziehen würde. Wenig später bastelten sich die gleichen Freaks Schaltungen an ihre Räder und schufen so die ersten geländegängigen Bergfahrräder. Sie konnten nun nicht nur die Abfahrten hinunter, sondern auch aus eigener Kraft wieder hinauf fahren.

Was diese UR-Moutainbiker aber schon wußten ist, daß es wenige Gelegenheiten gibt die Natur so intensiv zu erleben wie beim Mountain-Bike-Sport. Jeder Berg, der hinunter gefah-ren werden kann, muß zuerst schweißtreibend erklommen werden. Je öfter man dies macht, umso leichter wird es. Die Touren werden länger, die Berge höher, das Fahrrad und die Klei-dung werden besser und teurer. Aber was nutzt einem das Ganze Gerümpel wenn man beim Fahren alleine ist.

Zu zweit, zu dritt und natürlich auch in der Gruppe macht alles mehr Spaß. Bunt gemischt mit verschiedenem Alter und Geschlecht treffen sich die Nachahmer von Gary Fisher und Tom Ritchey immer Dienstags in einem kleinen schwäbischen Dorf namens Pfeffingen. Sie teilen sich in verschiedene Gruppen auf und machen sich auf den Weg. Die Landschaft um das klei-ne Dorf bietet genügend Gelegenheit zu Schwitzen bergauf sowie auch bergab. Der größte Teil hüllt sich dabei in blaue ein kleinerer Teil in schwarz rot weiße Trikots mit dem jeweili-gen Gruppenemblem.

Jede Gruppe folgt einem Vorausfahrenden, auch Bikeführer genannt, der vorgibt den Weg zu kennen. Meistens stimmt dies auch und die Gruppen kehren nach ihrer Tour wieder an einen klapprigen Holzschuppen zurück. Darin steht nicht nur ein altertümlich anmutendes metalli-sches Ungeheuer mit Raupen, sondern es werden auch Produkte aus Wald und Feld gelagert. Tannenzäpfle aus einem roten Haus und Apfelschorle von einem der Stingel heißt. Beides sind sicherlich Naturprodukte und bewirken nur Gutes.

Nach Einnahme eines oder mehrerer dieser Produkte fährt jeder wieder seines Weges, um sich und sein Sportgerät, auch BIKE genannt, zu pflegen. Ich bin mir ziemlich sicher, daß alle ei-nen zufriedeneren restlichen Abend verbringen, wie wenn dieser vor dem Fernseher verbracht worden wäre.

Es soll schon beobachtet worden sein, daß sich einige dieser Interessengemeinschaft am Wo-chenende in aller Herrgottsfrühe an ihrem Treffpunkt einfinden. Dort werden Mensch und BIKE verladen um in die Schweiz oder auch ins Allgäu zu fahren. Wie mir aus sicherer Quelle zugetragen wurde hatten die BIKER, wie sie sich mittlerweile nennen, auch außerhalb ihres vertrauten Terrains viel Spaß. Am Ende der Saison trafen sich alle, blauen sowie schwarz rot weißen BIKER und fuhren auf einem Wiesenhang, nahe ihrem Treffpunkt gele-gen, um die Wette.

Damit so eine Wettfahrt mit anschließender Siegerehrung möglich war mußten alle emsig zusammenarbeiten. Mit Stolz dürfen die Beteiligten behaupten, daß ihre Vereinsmeisterschaft selbst professionell aufgezogenen Veranstaltungen in nichts nachsteht. Im Gegenteil, denn wo können sich die Fahrer schon direkt nach der Siegerehrung im Fernseher betrachten?

Aber ich habe auch mitbekommen, daß nicht immer alles glatt geht. Da gibt es Schürfwunden, gebrochene Unterarmknochen, gerissene Bänder in den Schultern, erschütterte Gehirne und jede Menge blaue Flecke. Na seht ihr, daß kann auf der Wohnzimmercouch nicht passieren.

Nur eines würde mich noch interessieren: Gab es damals in der Nähe von San Francisco eigentlich noch keinen Fernseher?

von Bernd Rettich, 17.11.1999

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